Chris Ryan - istockphoto.com
Recht
15. Juni 2020

Haftungsthemen in Zeiten von Covid-19

Eine Kapitalgesellschaft bietet den Vorteil, dass grundsätzlich nur sie für Schulden der Gesellschaft gegenüber Gläubigern haftet, nicht jedoch die Gesellschafter. Geschäftsführer haften ebenfalls nicht, sofern sie nicht „schuldhaft“ handeln. Besonders in Zusammenhang mit den Fristen für einen Insolvenzantrag sind Geschäftsführer großen Haftungsrisiken ausgesetzt,
Covid-19 hat diese nun verschärft.

Generell bleibt ab Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ein Zeitraum von maximal 60 Tagen zur Sanierung. Im Fall von Naturkatastrophen (dazu zählt dezidiert auch Covid-19) verlängert sich die Frist auf 120 Tage.

Achtung: War die Gesellschaft schon vor der Corona-Krise zahlungsunfähig oder überschuldet, dann bleibt es bei den höchstens 60 Tagen für ernsthafte Sanierungsbemühungen.

Zahlungsunfähig ist, wer nachhaltig seine fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen kann. Gerade die massiven Umsatzeinbußen seit dem Lockdown haben häufig dazu geführt, dass für die Bezahlung offener Schulden nicht mehr ausreichend Geld vorhanden ist. Kann aber erwartet werden, dass dieser Liquiditätsengpass nicht von Dauer ist, liegt bloß eine Zahlungsstockung vor. Dabei spielen zu erwartende Zahlungen aus den diversen Hilfsfonds (insbesondere Kurzarbeitsbeihilfe und Fixkostenzuschuss) für die Frage einer nur vorübergehenden Zahlungsstockung eine große Rolle. Vorübergehend bedeutet maximal zwei bis drei Monate, während der Corona-Krise könnte auch ein längerer Zeitraum akzeptabel sein.

Überschuldung, also ein negatives Eigenkapital, stellt ebenfalls einen Insolvenzgrund dar, außer es liegt eine fundierte Prognoserechnung über einen positiven Fortbestand der Gesellschaft vor. Gerade jetzt ist aber eine solche Fortbestehensprognose schwierig. Niemand kann abschätzen, wie die Welt nach der Krise aussieht und wie sich die wirtschaftliche Lage entwickeln wird.

Daher wurde per Gesetz angeordnet, dass kein Insolvenzantrag gestellt werden muss, wenn die Überschuldung im Zeitraum 1. März bis 30. Juni 2020 eintritt. Der Haken: Liegen auch danach Überschuldung und keine positive Fortbestandsprognose vor, muss die Insolvenz binnen 60 Tagen angemeldet werden. Also spätestens bis 29. August oder binnen 120 Tagen ab Eintritt der Überschuldung – je nachdem was später endet.

So erfreulich die erweiterten Möglichkeiten der Stundung von Abgaben und Sozialversicherungsbeiträgen sind: Sie könnten auch zum Bumerang werden. Kommt es nämlich in der Folge zu einem Insolvenzverfahren, könnten Geschäftsführer zur Haftung für die gestundeten Abgaben und Beiträge herangezogen werden. Die Behörden dürfen gegenüber anderen Gläubigern nicht schlechter gestellt werden (Gleichbehandlungsgrundsatz). Außerdem ist eine Stundung von Abgaben nur dann zulässig, wenn deren Einbringlichkeit nicht gefährdet ist.

Und nicht nur das: Werden die Nettobezüge an die Dienstnehmer weiterbezahlt, kann die Nichtbezahlung der Lohnsteuern und Dienstnehmeranteile zur Gesundheitskasse im Falle der Insolvenz auch strafrechtliche Folgen für Geschäftsführer haben.

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